Wie werden Krebszellen unsterblich?

e:Med Wissenschaftler um Dr. Karsten Rippe vom DKFZ in Heidelberg entdeckten neue Mechanismen der Telomer-Erhaltung, welche für die unendliche Teilungsfähigkeit von Krebszellen unabdingbar ist. Die Ergebnisse können zur Klassifizierung von Tumor-Subgruppen und zur Identifizierung neuer therapeutischer Ziele beitragen.

 

Die Enden der Chromosomen, Telomere genannt, bestehen aus repetitiven DNA-Sequenzen sowie assoziierten Proteinen. Sie haben die Funktion einer Schutzkappe und sind essentiell für die Stabilität der Chromosomen.
Bei jeder Zellteilung werden die Telomere verkürzt bis sie schließlich eine kritische Länge unterschreiten und ihre Schutzfunktion verlieren. Es kommt zum Wachstumsstopp oder zum programmierten Zelltod. Die so entstehende Begrenzung der Lebenszeit einer Zelle stellt einen wichtigen Tumorsuppressor-Mechanismus dar.
Krebszellen können diesen zellwachstums-limitierenden Mechanismus jedoch durch verschiedene Telomer-Erhaltungsmechanismen umgehen: In den meisten Fällen wird die Telomerase reaktiviert, ein normalerweise nur in Stammzellen aktives Enzym und die Verlängerung der Telomere und dadurch ihre Erhaltung herbeigeführt. Dabei kann nicht nur die Produktion der Telomerase wieder angeschaltet, sondern auch ihre Aktivität verstärkt werden.
Einen epigenetischen, also nicht in der DNA-Sequenz selbst codierten Regulations¬mechanismus für diesen Prozess konnte Rippes Team in embryonalen Stammzellen der Maus aufklären: Aurora B Kinase aktiviert über die Expression von nicht-codierenden RNAs die Aktivität der Telomerase und damit die Synthese der repetitiven Sequenzen an den Enden der Chromosomen.

Neben der Aktivierung der Telomerase ist in etwa zehn Prozent aller Krebsarten ein alternativer, Telomerase-unabhängiger Mechanismus der Telomer-Verlängerung aktiv, welcher auf fehlgeleiteter DNA-Reparatursynthese und Rekombination beruht. Hierbei lagern sich Aggregate des PML Proteins an den Telomeren an, was charakteristisch für diesen Telomer-Erhaltungsmechanismus ist. Das Team um Karsten Rippe schaltete gezielt über 100 Proteine in Krebszellen aus und beobachtete mit Hilfe von über 20 Millionen automatisierten 3D Fluoreszenz Mikroskop-Aufnahmen, wie sich der Ausfall der Proteine auf die PML-Telomer-Komplexe und auf die Telomer-Verlängerung auswirkt. Auf diese Weise konnten 29 Proteine identifiziert werden, die am komplexen Prozess der Verlängerung der Telomere durch Induzierung eines DNA-Reparaturmechanismus beteiligt sind. Interessanterweise spielen auch hier, wie bei der Telomerase-Studie in Stammzellen, epigenetische Mechanismen eine Rolle.

Die verschiedenen Telomerverlängerungs-Mechanismen, die Krebszellen unsterblich machen, eröffnen neue Ansätze zur Klassifizierung unterschiedlicher Tumor Subtypen. Dadurch, so hoffen die Forscher, könnten Medikamente gezielter eingesetzt werden. Außerdem bieten sich auch neue Angriffspunkte für Therapien bei den Tumoren an, bei denen der alternative Weg zur Erhaltung ihrer Telomere aktiv ist.

Originalpublikationen:

Osterwald, S., Deeg, K. I., Chung, I., Parisotto, D., Wörz, S., Rohr, K., Erfle, H. & Rippe, K. (2015). PML induces compaction, partial TRF2 depletion and DNA damage signaling at telomeres and promotes alternative lengthening of telomeres.  J Cell Sci. 128, 1887-900. doi: 10.1242/jcs.148296.

Mallm, J.-P. & Rippe, K. (2015). Aurora kinase B regulates telomerase activity via a centromeric RNA in stem cells. Cell Rep. 11, 1667-78. doi: 10.1016/j.celrep.2015.05.015.

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