Die optimale Dosis simulieren

Für Blutkrebs-Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie (CML) gibt es zielgerichtete Therapien. Jedoch müssen die meisten Patienten diese starken Medikamente lebenslang einnehmen. Die Dosis zu reduzieren und für jeden Patienten anzupassen, ist das Ziel einer neuen mathematischen Modellierung, entwickelt von Dresdener Systemmedizinern.

Tyrosin-Kinase Inhibitoren (TKIs) sind die gängigen Therapien für Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie, einer bösartigen Knochenmarkerkrankung. Die Ansprechrate ist sehr gut und meist kann in kurzer Zeit eine starke Reduktion der Tumorzellen erreicht werden. Um eine Rückkehr der Erkrankung zu verhindern, werden die TKIs allerdings dauerhaft verabreicht.
Spricht der Patient gut auf die Therapie an, kann diese gegebenenfalls nach einigen Jahren auch komplett abgesetzt werden. Hierzu laufen derzeit klinische Studien, wobei allerdings bei ca. 50% der Patienten ein Wiederansteigen der Tumorlast zu beobachten ist und die Therapie erneut gestartet werden muss. Als Alternative zum Absetzten der Therapie könnte auch die Dosis reduziert werden. Der Vorteil wären geringere Nebenwirkungen, wie kardiovaskuläre Komplikationen oder Pleuralergüsse sowie eine Verringerung der Therapiekosten.

Eine sichere Dosis-Reduktion ohne die Wirkung zu verringern wurde allerdings bisher kaum untersucht. Die e:Med Wissenschaftler Professor Dr. Ingo Röder und Dr. Ingmar Glauche von der TU Dresden entwickelten dafür mit ihrem Team ein mathematisches Modell, das auf Daten von Patienten unter TKI-Behandlung aus zwei Phase 3-Studien basiert. Dieses Modell simuliert das Verhalten der Blutzellen bei unterschiedlichen Medikamentenkonzentrationen und kann die Tumorlast und die individuell notwendige Dosis vorhersagen.

Die Forscher haben so festgestellt, dass bei den meisten dieser Patienten eine Reduktion der TKI Dosis um die Hälfte ebenfalls zur Remissionserhaltung führt. Um eine patientenspezifische, optimale Dosis zu berechnen wird zunächst die Medikamentenmenge halbiert. Nach Anpassung der daraus resultierenden Parameter wird anschließend die individuelle Dosis ermittelt, die bis zu 2/3 geringer sein kann, als die Standarddosis. Die Ergebnisse dieser Simulation sind mit den vorläufigen Ergebnissen einer noch laufenden Studie vergleichbar, in der die Patienten nach gutem Therapieansprechen die halbierte TKI-Dosis erhalten hatten. Das neue Modell geht mit der patientenspezifischen Dosisoptimierung jedoch darüber hinaus.

Zur Bestätigung der Modell-Vorhersagen sind noch weitere klinische Studien notwendig. Werden die Modellresultate bestätigt, könnten Nebenwirkungen und Übertherapie zum Nutzen der Patienten deutlich verringert werden. Das Modell verdeutlicht das Potential der Systemmedizin, die darauf abzielt, analytische oder rechnergestützte Methoden für das Verständnis komplexer biologischer Systeme zu nutzen, um somit personalisierte Medizin zu ermöglichen.

 

Originalartikel:

Fassoni, A.C., Baldow, C., Roeder, I., Glauche, I., 2018. Reduced tyrosine kinase inhibitor dose is predicted to be as effective as standard dose in chronic myeloid leukemia: A simulation study based on phase 3 trial data. Haematologica. doi.org/10.3324/haematol.2018.194522

Editorial: www.haematologica.org/content/103/11/1756

Pressemeldung NCT Dresden

 

Kontakt:

Prof. Dr. Ingo Röder, Technische Universität Dresden, Projektleiter HaematoOPT

 

 

 

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