Abstracts
9:45 - 10:15 - Die Medizininformatik-Initiative als Wegbereiter für Forschungsdateninfrastrukturen der Zukunft: Erfahrungen und Perspektiven
Sebastian C. Semler, Geschäftsführer TMF e. V., Leiter der Koordinationsstelle der Medizininformatik-Initiative
Die Koordinationsstellen für die vom BMFTR geförderte Medizininformatik-Initiative (MII, 2016-2027) und die Digitalen Fortschrittshubs (bis 2029) sind bei der TMF in Berlin angesiedelt. Im Fokus stehen die strukturelle Vernetzung und die zukunftsfähige Ausgestaltung medizinischer Datenräume. Die Koordinierungsgruppe Gesundheitsforschungsdateninfrastrukturen (GFDI) wurde von den Koordinationsstellen von MII und NUM als Gremium der entsprechenden öffentlich geförderten Infrastrukturen bzw. Projekte, Förderer und Institutionen ins Leben gerufen. Ihre Aktivitäten als strategisches Bindeglied zwischen Initiativen, Förderlogiken und technischen Rahmenwerken werden beleuchtet.
10:15 - 10:30 - Forschungsdatenportal für Gesundheit (FDPG) – Vom Konzept zur Infrastruktur
Robert Krock, TMF e.V., MII
* Schaffung von Voraussetzungen
- Rechtsgrundlage (Broad Consent)
- Kerndatensatz
- gemeinsame Nutzungsordnung für alle Standorte
- Vertragswerk
* Konzept für eine zentrale Antrags- und Registerstelle
* Realisierung der Antrags- und Projektverwaltung im FDPG
* Produkte: Machbarkeitsanfragen, Ausleitung von Daten oder
Analyseergebnissen
* Erfolgsfaktoren
10:30 -10:45 - Was ist wissenschaftliches Projektmanagement?
Roman Ladig, Jeroen Krijgsveld
DKFZ Heidelberg & Universitätsklinikum Heidelberg
Wissenschaftliches Projektmanagement stellt einen hybriden Ansatz dar, der sich sowohl vom klassischen als auch vom agilen Projektmanagement unterscheidet. Während klassisches Projektmanagement fixe Ziele bei variablen Budgets verfolgt und agiles Projektmanagement auf iterative Zielerreichung setzt, kombiniert wissenschaftliches Projektmanagement strukturelle Stabilität mit adaptiver Flexibilität. Das Kernmerkmal liegt in der Verbindung fixer Parameter (Ziele, Budget, Termine) mit agilen Prinzipien wie Zusammenarbeit, Eigenverantwortung, Vertrauen und Flexibilität. Diese Kombination entspricht den spezifischen Anforderungen wissenschaftlicher Projekte, die innerhalb definierter Förderperioden messbare Ergebnisse erzielen müssen, dabei aber der inhärenten Unsicherheit und Komplexität von Forschung gerecht werden. Wissenschaftliche Projektmanager agieren im Spannungsfeld zwischen strukturellen Anforderungen und wissenschaftlicher Autonomie. Zentrale Herausforderungen umfassen die Verfügbarkeit geeigneter Tools, Verantwortungsverteilung und Definition von Handlungsspielräumen. Psychologische und soziologische Aspekte sind von besonderer Bedeutung, da wissenschaftliche Teams durch Expertise und intrinsische Motivation geprägt sind. Das Management umfasst komplexe Kommunikationsstrukturen, Sichtbarkeit wissenschaftlicher Outputs, rechtliche Rahmenbedingungen und spezialisiertes Datenmanagement. Im Gegensatz zu kommerziellen Projekten sind wissenschaftliche Erfolge oft schwer messbar und langfristig angelegt. Moderne Entwicklungen zeigen einen Trend zur Selbstorganisation in wissenschaftlichen Teams, bei der dezentrale Entscheidungsfindung und emergente Führung zunehmen. Dies ergänzt das wissenschaftliche Projektmanagement um adaptive Strukturen und kontinuierliches Lernen. Wissenschaftliches Projektmanagement erfordert die Balance zwischen Führung und Facilitation, zwischen Kontrolle und Vertrauen. Diese einzigartige Kombination macht es zu einer eigenständigen Disziplin, die spezielle Kompetenzen sowohl für wissenschaftliche Prozesse als auch Managementprinzipien verlangt.
10:45 - 11:00 Patientenvertretende als Partner in der Krebsforschung - am Beispiel des Patientenforschungsrat des NCT Heidelberg
Cindy Körner, Monika Huber
Patientenforschungsrat NCT Heidelberg
In den letzten Jahren wurde die Einbeziehung von Betroffenen und ihren Vertretenden in der medizinischen Forschung zunehmend als Möglichkeiten erkannt, Forschung und Versorgung patientenzentrierter zu gestalten. Die strukturierte Beteiligung von Patientenvertretenden auf Augenhöhe wurde im NCT bereits in der Strategiephase verankert. Dabei wird die Patientenstimme auf verschiedenen Ebenen eingebracht. Hier werden die Voraussetzungen, Strukturen, Möglichkeiten und Herausforderungen am Beispiel des Patientenforschungsrates des NCT Heidelberg vorgestellt.
11:00 - 11:15 Projektdatenmanagment: Motivation, Methoden, Erfolge und Herausforderungen
Susan Eckerle, Wolfgang Müller,
LiSyM-Cancer, Heidelberg Institute for Theoretical Studies, HITS gGmbH
Datenmanagement für große kollaborative Projekte mit unabhängigen Partnern umfasst eine ganze Bandbreite von Prozessen und Herausforderungen. Diese reichen von technischen Herausforderungen zu Herausforderungen des Trainings, des Social Engineerings, des Rechts, der Compliance und der Organisation, inklusive des Fundings. Wir wollen in dem Vortrag einen kurzen Impuls in dieser Richtung setzen, jeweils Problemstellungen, Lösungsansätze und Erfahrungen diskutieren
11:15 - 11:30 Cancer Core Europe: A Sustainable Model for International Collaboration in Translational and Clinical Oncology
Petra Oberrauch, Tanja Jutzi
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Cancer Core Europe (CCE) is a consortium of seven leading European comprehensive cancer centers: Gustave Roussy (France), Karolinska Institutet (Sweden), IRCCS Istituto Nazionale dei Tumori Milano (Italy), Netherlands Cancer Institute (Netherlands), Vall d’Hebron Institute of Oncology (Spain), German Cancer Research Center (DKFZ)/National Center for Tumor Diseases (NCT) Heidelberg (Germany), and Cancer Research UK Cambridge Centre (UK). Together, they provide critical mass, interdisciplinary synergy, and a unique platform to advance precision oncology through long-term international collaboration. CCE operates through four strategic pillars:
1. Clinical Trials & Translational Research: Shared infrastructures enable the design and conduct of cutting-edge precision oncology trials, including the pioneering Basket-of-Baskets (BoB) trial. Harmonized protocols and integrated workflows support the efficient translation of research into patient benefit.
2. Virtual Data Centre: This federated digital platform under development will allow secure, standardized pooling of clinical, molecular, and imaging data, facilitating collaborative research and data-driven innovation.
3. Education & Training: CCE nurtures future oncology leaders through its flagship Summer School in Translational Cancer Research as well as the TRaining program for Young cancer leaders in TRAnslational Cancer research (TRYTRAC), offering early-career clinicians and scientists immersive training in precision oncology. Additional training programs, fellowships, lectures, and workshops promote interdisciplinary, cross-center learning, exchange and collaboration.
4. Early Detection & Prevention: This emerging pillar focuses on identifying high-risk populations and aligning prevention and early detection strategies across Europe through joint research and education efforts. CCE exemplifies a scalable model for international collaboration in oncology, aligned with the EU Cancer Mission, combining shared governance and infrastructure to accelerate translational research and innovation.
Workshops
Workshop 1 - Prompt Engineering im Wissenschaftsmanagement - Daniel Walther, DKFZ
Daniel Walther, DKFZ, Heidelberg
In diesem Workshop lernen Sie am Beispiel von ChatGPT, wie sich moderne Sprachmodelle sinnvoll und effizient im administrativen Alltag einsetzen lassen. Im Mittelpunkt stehen praxisnahe Beispiele aus dem Wissenschaftsmanagement und der Verwaltung, die zeigen, welche Aufgaben sich mit KI gut automatisieren oder unterstützen lassen.
Workshop 2 - Forschungsdatenmanagement - Susan Eckerle, Wolfgang Müller, Maja Rey, LiSyM-Cancer, HITS
Susan Eckerle, Wolfgang Müller, Maja Rey, LiSyM-Cancer, HITS, Heidelberg
Wir wollen uns in Datenmanagement-Projekten treffen und hier Probleme, Ansätze und Best Practises diskutieren. Hierzu wollen wir 2-4 Fragen in Kleingruppen von bis zu 10 Teilnehmern diskutieren. Wir werden mit eigenen Fragen in die Diskussion gehen, es besteht aber auch die Möglichkeit, die Fragen im Workshop zu beeinflussen. Ziel ist es, dass die anwesenden Datenmanager*innen mehr über die Arbeit der anderen lernen und interessante Berührungspunkte sowie gemeinsame Bedarfe erkannt werden.
Workshop 3 - Nachhaltigkeit in der medizinischen Forschung gestalten: Gemeinsam Herausforderungen erkennen, Lösungen teilen und entwickeln - Hollyn Hartlep, DKFZ
Hollyn Hartlep, DKFZ, Heidelberg
Nachhaltigkeit in der medizinischen Forschung betrifft zahlreiche Aspekte des Wissenschaftsalltags – darunter Laborbetrieb, Rechenressourcen, Reisetätigkeit und soziale Nachhaltigkeit wie Teilhabe, Diversität und faire Zusammenarbeit. In diesem interaktiven Workshop werden anhand von Problem- und Lösungsbäumen konkrete Herausforderungen, Ursachen, Lösungsansätze, notwendige Schritte und beteiligte Akteur:innen identifiziert und diskutiert – mit dem Ziel, praxisnahe Wege zu einer nachhaltigeren Forschung zu erarbeiten. Themenschwerpunkte und Leitfragen:
1. Labore:
• Wie können Zertifizierungsprogramme helfen, den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren?
• Wie lassen sich Abfallmengen und Ressourcenverbrauch effektiv verringern? Tools: LEAF, My Green Lab
2. KI & Rechenressourcen:
• Wie kann der Energieverbrauch in der medizinischen Forschung gemessen werden?
• Wie können Projektmanager:innen Forscher:innen dabei unterstützen, einen reduzierten Energieverbrauch in ihren Forschungsprojektplan zu integrieren? Tools: Green DiSC, Green Algorithms
3. Dienstreisen:
• Wie motiviere ich Teams zur Reduktion emissionsintensiver Reisen?
• Welche Programme und Anreize unterstützen klimafreundliches Reisen? Tools: FlyingLess Toolbox
4. Soziale Nachhaltigkeit:
• Werden verschiedene Bevölkerungsgruppen (z. B. nach Ethnie, Geschlecht, Alter, sozioökonomischem Status) im Studiendesign berücksichtigt?
• Wer profitiert von der Forschung – und wie werden Stakeholder eingebunden?
• Wie können wir sicherstellen, dass unser Forschungsumfeld Gleichberechtigung, Integration und faire Zusammenarbeit über alle Rollen, Disziplinen und Identitäten hinweg fördert? Tools: LeNa – Nachhaltig forschen
Der Workshop richtet sich an Projektmanager:innen in der medizinischen Forschung, die aktiv zur nachhaltigen Gestaltung der Forschung beitragen möchten – sowohl auf Projekt- als auch auf Institutsebene. Die Ergebnisse werden gesammelt und den Workshop- Teilnehmenden zur Verwendung in ihren jeweiligen Instituten zur Verfügung gestellt. Im Impulsformat könnten die obenstehenden Themen exemplarisch vorgestellt werden, ergänzt durch konkrete Beispiele aus dem DKFZ, insbesondere im Bereich Laborarbeit.
14:45 - 15:15 AI-supported scientific project management
Nick Skillicorn, AI Hub Landau
Traditionelle Projektmanagement-Methoden stoßen bei komplexen wissenschaftlichen Transformationsprojekten an ihre Grenzen. Basierend auf seinem #1 Bestseller "The AI Project Advantage" und 20+ Jahren Erfahrung als Projectmanager, zeigt Nick Skillicorn wie Künstliche Intelligenz das Projektmanagement revolutioniert.
Diese Keynote präsentiert praxiserprobte KI-Frameworks zur Automatisierung zeitaufwändiger Aufgaben, Verbesserung der Stakeholder-Kommunikation und Beschleunigung der Projektlieferung. Anhand konkreter Anwendungsfälle aus der Pharmaindustrie, einschließlich Erfahrungen bei Roche, werden sofort umsetzbare Strategien für wissenschaftliche Teams vorgestellt.
Teilnehmer lernen, wie KI-Tools Projektdokumentation, Risikomanagement und Teamkoordination optimieren können, um 70% Zeitersparnis zu erreichen. Ein praktischer Leitfaden für die KI-Revolution im wissenschaftlichen Projektmanagement.
15:15 - 15:30 - Qualitätsmanagement als Werkzeug im Projektmanagement: Erfahrungen mit dem EQIPD Qualitätssystem zur Verbesserung von Datenqualität und Forschungsstrukturen
Björn Gerlach
Central Institute for Mental Health (CIMH) Guarantors of EQIPD e.V. PAASP GmbH
Warum ist ein Qualitätssystem in der Forschung notwendig? Gerade in der präklinischen biomedizinischen Forschung führen mangelnde Transparenz, unvollständige Dokumentation und uneinheitliche Abläufe zu Problemen mit der Reproduzierbarkeit und zu Datenverlust. Diese Schwächen gefährden nicht nur die wissenschaftliche Integrität, sondern erschweren auch das Projektmanagement. Das EQIPD Quality System (Enhancing Quality In Preclinical Data) wurde entwickelt, um solchen strukturellen Herausforderungen gezielt zu begegnen. Es bietet ein pragmatisches und flexibles Rahmenwerk, das Grundsätze der Qualitätssicherung mit den Anforderungen des akademischen Forschungsalltags in Einklang bringt, ohne übermäßigen Verwaltungsaufwand. In unserer Arbeitsgruppe am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit haben wir das EQIPD System sowohl im Forschungsdatenmanagement als auch als Steuerungsinstrument im Projektkontext eingeführt. Am Beispiel der Einführung eines elektronischen Laborbuchs (eLabFTW) zeigen wir, wie klar definierte Strukturen und Checklisten nicht nur die Datenqualität verbessern, sondern auch die interne Kommunikation und Nachvollziehbarkeit fördern. Die Nutzung des Systems erwies sich dabei nicht als zusätzlicher Aufwand, sondern als wertvolle Unterstützung bei Planung, Durchführung und Archivierung von Projekten. Dieser Beitrag versteht sich als praxisorientierter Erfahrungsbericht und als Anregung, Qualitätssicherung als aktives Werkzeug im wissenschaftlichen Projektmanagement zu nutzen, um Abläufe robuster und Forschung nachhaltiger zu gestalten.
15:30 - 15:45 Foldercase – ein Projektmanagement-Tool für Ihre kollaborativen Netzwerke und breiteren Innovationsökosysteme
Emanuel Schwarz 1,2,3
1. Hector Institute for Artificial Intelligence in Psychiatry, Central Institute of Mental Health, Medical Faculty Mannheim, 2. Heidelberg University Department of Psychiatry and Psychotherapy, 3. Central Institute of Mental Health, Medical Faculty Mannheim, Heidelberg University
Transparenz in komplexen kollaborativen Netzwerken ist entscheidend für eine effektive Kommunikation, effizientes Projektmanagement und die Identifizierung von Synergien. Die Foldercase-Plattform (www.foldercase.com) bietet eine digitale Infrastruktur, die die Forschung durch die Förderung der Zusammenarbeit verbessert. Sie bietet Transparenz für alle Beteiligten, fungiert als zentrale Plattform für Informationen und Kommunikation und unterstützt das Projektmanagement auf verschiedenen Detailebenen. Durch die Optimierung der Koordination innerhalb und zwischen Institutionen zielt Foldercase darauf ab, die Forschungseffizienz zu steigern und alle Stakeholder während des gesamten Prozesses einzubeziehen.
16:15 - 16:45 Persönliche Perspektiven aus „der Wirtschaft“: Was Wissenschaftskommunikation und Pharma-PR verbindet
Anke Kugelstadt, AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG
Kommunikationsarbeit in forschenden Pharmaunternehmen bewegt sich in einem Spannungsfeld: Sie hat die Aufgabe, komplexe medizinische Themen so aufzubereiten, dass diese nicht nur fachlich korrekt, sondern auch strategisch relevant, verständlich und zielgruppengerecht kommuniziert werden. Es gilt, wissenschaftliche Inhalte für unterschiedlichste interne und externe Adressaten passend zu gestalten – von Mitarbeitenden des eigenen Unternehmens bis zu externen Stakeholdern, von medizinischen Fachmedien bis zur Öffentlichkeit. Zugleich unterliegen Kommunikationsprofis in der Industrie besonderen, teils strengen gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen wie dem Heilmittelwerbegesetz in Deutschland oder der FDA-Regulierung in den USA. Im internationalen Kontext spielen kulturelle Unterschiede und landesspezifische Besonderheiten eine zentrale Rolle.
Persönliche Anekdoten und konkrete Beispiele aus den Märkten Deutschland, Schweiz und den USA zeigen, wie vielseitig diese Schnittstellenarbeit ist: Angefangen bei klassischen Presseaktivitäten über neuere Formate wie Podcasts und Social Media bis hin zur Nutzung von KI-Tools als Turbo in der täglichen Arbeit. PR im Pharmakonzern bedeutet, immer wieder Brücken zu bauen: zwischen wissenschaftlicher Präzision und verständlicher Story, zwischen rechtlichen Rahmenbedingungen und kreativer Kommunikation, zwischen lokalen Märkten und globalen Anforderungen. Der Beitrag bietet Einblicke hinter die Kulissen und zeigt die Dynamik, die den Alltag in der Unternehmenskommunikation der Pharmaindustrie prägt.
16:45 - 17:00 Patient*innen im Dialog: Kommunikationsformate als Baustein von GHGA
Ulrike Träger, German Human Genome-Phenome Archive (GHGA) Konsortium, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Als sichere nationale Omics-Dateninfrastruktur ermöglicht das Deutsche Humangenom-Phänomarchiv (GHGA) die sichere Speicherung und Nutzung humaner Genomdaten in der Forschung. Neben dem Aufbau technischer und organisatorischer Strukturen verfolgt GHGA das Ziel, auch Vertrauen und Akzeptanz in der Gesellschaft zu fördern. Denn die Nutzung genetischer Daten erfordert nicht nur robuste Systeme und Prozesse, sondern auch die Einbeziehung der Menschen, deren Daten die Grundlage für die Forschung bilden.
Dazu setzt GHGA auf verschiedene Kommunikations- und Dialogformate, etwa eine Unterhausdebatte mit Betroffenen beim Tag der offenen Tür am DKFZ oder die GHGA-Podcasts Der Code des Lebens und Genomhäppchen, die Forschungsthemen für ein breiteres Publikum aufbereiten. Ergänzend wurden 2025 Fokusgruppen mit Patient*innen und Betroffenen von Krebs und Seltenen Erkrankungen durchgeführt. Die Teilnehmenden diskutierten zentrale Fragen zu Datenschutz, familiären Auswirkungen und Entscheidungsprozessen beim Teilen genetischer Daten und lieferten wertvolle Rückmeldungen zur Gestaltung eines geplanten Informationsportals für Patient*innen. Die Ergebnisse halfen, das Informationsportal praxisnah und nutzerzentriert zu gestalten.
Patient*innenkommunikation ergänzt den Infrastrukturaufbau, indem sie Informationsbedarfe und Meinungen Betroffener sichtbar macht und Vertrauen stärkt. Die Erfahrungen aus den GHGA-Formaten zeigen zugleich, dass auch andere Forschungsprojekte von einem Dialog mit Patient*innen und der Öffentlichkeit profitieren können – sei es, um Transparenz zu fördern, Akzeptanz zu sichern oder praxisnahe Anforderungen zu berücksichtigen.
17:00 - 17:15 Vernetzt informieren – Arbeitsweise und Qualitätsstandards im Krebsinformationsdienst
Andrea Penzkofer, Krebsinformationsdienst (KiD), DKFZ, Heidelberg
Der Krebsinformationsdienst (KID) des Deutschen Krebsforschungszentrums bietet verlässliche, evidenzbasierte Informationen rund um das Thema Krebs – für Betroffene, Angehörige, Interessierte und Fachkreise. Seit fast 40 Jahren ist er ein zentrales, öffentlich finanziertes Angebot: kostenfrei, individuell, aktuell und unabhängig.
Der Krebsinformationsdienst arbeitet in fachlich spezialisierten, eng vernetzten Teams:
Im Ärztlichen Telefondienst beantworten Ärztinnen und Ärzte persönliche Anfragen zu Diagnostik, Therapie, Nachsorge und Leben mit Krebs.
Der Ärztliche E-Mail-Service bietet schriftliche Informationen – auch zu komplexen Fragestellungen.
Die Internet- und Social Media-Redaktion entwickelt laienverständliche Inhalte für die Website, Infografiken, Videos und Social-Media-Kanäle.
Das Wissensmanagement recherchiert kontinuierlich den Stand der Wissenschaft und pflegt eine zentrale, interne Wissensdatenbank, die allen Teams als Grundlage dient.
Die Zusammenarbeit erfolgt arbeitsteilig, aber eng abgestimmt: Neue Erkenntnisse fließen zeitnah in alle Kanäle, Rückmeldungen aus den direkten Kommunikationskanälen sowie Internet- und Social Media-Redaktion unterstützen die kontinuierliche Weiterentwicklung der Inhalte.
Grundlage für alle Angebote ist ein umfassendes, transparent dokumentiertes Qualitätsmanagement. Das zentrale Instrument ist das öffentlich einsehbare Methodenpapier, das die systematische Recherche, Bewertung und Aufbereitung medizinischer Informationen ebenso regelt wie interne Prozesse, redaktionelle Standards, Schulung und Evaluation. Ein wissenschaftlicher Beirat begleitet die Arbeit fachlich und strategisch.
So verbindet der Krebsinformationsdienst hohe medizinische Kompetenz mit moderner Kommunikation – qualitätsgesichert, verständlich und nutzerorientiert.
17:15 - 17:30 Erfahrungen aus der gemeinsamen Arbeit mit Erfahrungsexperten
Judith Zaiser, DZPG-Standort Mannheim-Heidelberg-Ulm, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim
Partizipative Patienten- und Angehörigenbeteiligung (PPI) ist ein Schlüsselkonzept innerhalb des Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit (DZPG). Die aktive Einbindung von Erfahrungsexperten – also Menschen mit psychischen Erkrankungen und ihren Angehörigen – in Forschung und Entwicklung stellt sicher, dass die Perspektiven, Bedürfnisse und Erfahrungen der Zielgruppen in allen Phasen des Forschungsprozesses berücksichtigt werden. Dies reicht von der Definition der Forschungsfragen über die Planung und Durchführung von Studien bis hin zur Umsetzung der Ergebnisse in die Versorgungspraxis. Das DZPG setzt dabei neben lokalen Strukturen auf einen sogenannten „Trialogischen Zentrumsrat“, in dem Betroffene, Angehörige und Wissenschaftler gemeinsam Entscheidungen treffen. Dieses Gremium ist ein Ausdruck des gelebten Dialogs und der gleichberechtigten Zusammenarbeit. Die Einbeziehung von Erfahrungsexpertise sorgt dafür, dass Forschungsergebnisse praxisnah und relevant sind und direkt bei den Menschen ankommen, für die sie gedacht sind. Die partizipative Einbindung von Betroffenen und Angehörigen bringt zahlreiche Vorteile mit sich: Durch die Einbindung von Erfahrungsexpertise werden Forschungsfragen und -methoden praxisnah gestaltet. Außerdem werden Forschungsergebnisse von Betroffenen und Angehörigen besser akzeptiert und schneller in die Versorgungspraxis übernommen. Die aktive Beteiligung trägt zudem dazu bei, das Stigma psychischer Erkrankungen abzubauen und die gesellschaftliche Wahrnehmung zu verändern. Gleichzeitig gibt es auch Herausforderungen, wie etwa unterschiedliche Wissensstände, Kommunikationsbarrieren oder die Notwendigkeit, alle Beteiligten angemessen zu schulen und zu unterstützen. Am DZPG-Standort Mannheim-Heidelberg-Ulm werden diese Herausforderungen durch gezielte Schulungen, regelmäßige Austauschformate und die Förderung von Peer-Support adressiert.
17:30 - 17:45 Koordination komplexer radiologischer Forschungsvorhaben am DKFZ: Rolle und Bedeutung wissenschaftsunterstützender Fachkräfte
Hanna Leisz, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Abteilung Radiologie, Heidelberg
Prof. Dr. Heinz-Peter Schlemmer, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Abteilung Radiologie, Heidelberg
Die Radiologie steht im Zentrum einer hochkomplexen, technologiebasierten Medizin. Ihre Forschung ist geprägt durch multimodale Bildgebungsverfahren, aufwendige Auswertungsmethoden, große Bilddatenmengen sowie den Einsatz von künstlicher Intelligenz. Radiologische Forschung mit translationalem Anspruch erfordert multidisziplinäre und multizentrische Ansätze. Deren Koordination und Umsetzung bedingen nicht nur eine intensive Steuerung der komplexen Kommunikation in interdisziplinären Teams, sondern auch die Bewältigung umfangreicher administrativer, rechtlicher und ethischer Anforderungen.
Die zentralen wissenschaftsunterstützenden Strukturen großer Forschungseinrichtungen wie dem DKFZ stoßen dabei an ihre Grenzen. Für die strategische Planung, Beantragung und Durchführung von Forschungsprojekten in großen multizentrischen und internationalen Verbünden besteht auch auf Ebene der Fachabteilungen ein erheblicher Unterstützungsbedarf. Koordinator:innen müssen hierfür über fundierte fachspezifische Kenntnisse verfügen, diese in den Kontext relevanter nationaler und europäischer Förderlandschaften einordnen, geeignete Programme identifizieren, Antragsprozesse sowie Projekte und Verbünde managen und begleitende Evaluationen unterstützen können.
Am Beispiel der europäischen Initiative European Federation for Cancer Images (EUCAIM), an der die Abteilung Radiologie des DKFZ leitend beteiligt ist, lässt sich exemplarisch aufzeigen, wie diese Bedarfe in die Entstehung und Umsetzung der Initiative eingeflossen sind und welche Arbeitsprozesse hierfür erforderlich waren. Im Rahmen eines Impulsvortrages möchten wir verdeutlichen, welche zentrale Rolle wissenschaftsunterstützendes Fachpersonal in Fachabteilungen für die Forschung im Allgemeinen und für Initiativen wie EUCAIM im Besonderen spielt.
Digital Galerie Abstracts
Interdisziplinäres Management am Beispiel der Registerstudie und der Dateninfrastruktur des Zentrums für Personalisierte Medizin (ZPM)
Am Zentrum für Personalisierte Medizin (ZPM) Heidelberg werden Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen oder schweren chronisch-entzündlichen Erkrankungen mittels umfangreicher molekularer Verfahren diagnostiziert. Auf Basis der Ergebnisse werden ihnen gezielte Therapieoptionen empfohlen. Um eine Brücke zwischen der Patientenversorgung und der Forschung zur neuen Evidenzgewinnung zu schlagen, wurde eine Registerstudie (>2000 Datensätze) und die Datenübermittlung an die Datenplattform des Deutschen Netzwerks für Personalisierte Medizin (dnpm:DIP) aufgebaut. Durch die enge Kooperation mit dem Klinischen Krebsregister, dem Institut für Medizinische Informatik und dem Datenintegrationszentrum der Medizininformatik-Initiative können Ressourcen geschont und Synergien bei der Einholung von Patienteneinwilligungen, der Nutzung etablierter Datenformate und der Integration multipler Datenquellen genutzt werden. Die gemeinsame Dokumentation in einem Tumordokumentationssystem (Onkostar) vermeidet Doppeldokumentation und ermöglicht Interoperabilität zwischen den Registern und externen Nutzern. Die zusammengeführten Daten werden für die Qualitätssicherung genutzt und können für Forschungsprojekte zur Verfügung gestellt werden. Wir präsentieren unsere „Lessons Learned” u. a. zu den Themen Datenschutz, strukturierte Dokumentation und Aufbau von IT-Infrastrukturen – und das alles unter dem Aspekt der interdisziplinären Zusammenarbeit.
Strategische Koordinierung eines interdisziplinären Netzwerks zur Modellierung von schweren Infektionskrankheiten
Das 2022 gegründete und vom BMFTR geförderte Modellierungsnetz für schwere Infektionskrankheiten, kurz MONID, hat sich zum Ziel gesetzt, die Modellierungskompetenz und den interdisziplinären Austausch auf dem Gebiet der Modellierung von Infektionskrankheiten in Deutschland auszubauen und nachhaltig zu stärken. Das Netzwerk vereint in der ersten Förderperiode insgesamt zehn Forschungsverbünde, deren Mitglieder Expertise aus den verschiedensten Bereichen wie u.a. Humanmedizin, Infektionsepidemiologie, Mathematik, Physik, Verkehrs- und Kommunikationswissenschaften, sowie Gesundheitsökonomie, Informatik und Data Sciences einbringen. Die Verbünde arbeiten nicht nur interdisziplinär sondern auch institutionsübergreifend, weshalb eine zentrale Koordination unerlässlich ist. Die MONID Koordinierungsstelle unterstützt die Forschungsarbeiten der Verbünde, indem sie den wissenschaftlichen Austausch fördert, für eine effektive interne und externe Kommunikation sowie einen standardisierten Ansatz zur Datenverwaltung sorgt und Projektaktivitäten wie Sommer Schools, Workshops und Jahrestagungen abstimmt und organisiert.
In unserem Beitrag stellen wir unsere gewonnenen Erkenntnisse zur Strategie sowie die eingesetzten Werkzeuge vor, um interdisziplinäre und institutionsübergreifende Zusammenarbeit, Datenaustausch und Kommunikation mit den verschiedenen Interessengruppen sicherzustellen. Wir zeigen, wie MONID den Austausch zwischen nationalen und internationalen öffentlichen Gesundheitseinrichtungen mit der (außer-) universitären Infrastruktur fördert, und verdeutlichen damit die Rolle des Projektmanagements für der Stärkung der Zusammenarbeit.
GEKKO-GEbt dem Krebs Keine Chance- Onkocheck
GEKKO-GEbt dem Krebs Keine Chance- Onkocheck
Background:
Early detection and screening have been shown to effectively reduce mortality for several cancers, such as cervical cancer and colorectal cancer.
However, the most effective cancer screening examinations available to date, such as screening colonoscopy, encounter limited adherence due to their invasiveness and discomfort, and for the majority of cancers there is a lack of reliable, non-invasive screening tests.
Methods:
The GEKKO Study (GEbt dem Krebs Keine Chance Onkocheck) started in 2016 within the NCT Research Program “Screening and Early Detection of Cancer”. GEKKO combines a real screening study (Arm A,) with a prospective patient cohort study (Arm B) of multiple cancer entities. In arm A, participants undergoing screening colonoscopy are recruited in collaboration with medical practices and clinics in the Rhine-Neckar region and surrounding areas. In arm B, we recruit, in collaboration with different clinics in the Rhine-Neckar region and surrounding areas, newly diagnosed patients with gastrointestinal cancer, lung and breast cancer, who undergo first line treatment at the hospital. We are in the process of discovering and validating biomarkers and biomarker signatures in easy-to-collect biospecimen (such as blood, urine, saliva or stool samples) for early detection and risk adapted, non-invasive, personalized screening for multiple common cancers, or their precursors. A special feature of the study is the collection of all biosamples prior to screening examinations or prior to surgery/therapy in order to develop or validate diagnostic tests.
Biospecimen are collected in both study arms under identical pre-analytic conditions and under highest quality standards. Biosamples will be long-time stored in the Morszeck Biorepository in Heidelberg.
Results:
To date, over 7000 participants are part of the GEKKO study with medical data, lifestyle data and over 400.000 biosamples. GEKKO contributed to a miRNA panel for colorectal cancer risk prediction and to metabolomics profiling of advanced colorectal neoplasms
Conclusions:
The resources established in this program will enable the development of reliable, non-invasive screening tests for population-wide screening and thereby effectively reduce cancer incidence and mortality. We are interested in collaborative projects especially in the field of prevention, risk assessment and early detection.