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Differenzierung der Blutzellen bei akuter myeloischer Leukämie aufgeklärt

CloneTracer-Tool analysiert Evolution von Tumoren anhand von Einzelzelldaten

Forschende des e:Med Juniorverbunds LeukoSyStem haben eine neue Methode entwickelt, die es ermöglicht bei Patienten mit akuter myeloischer Leukämie zwischen kanzerösen und gesunden Stammzellen und Vorläuferzellen zu unterscheiden. Diese Krebserkrankung wird durch bösartige Blutstammzellen ausgelöst, die bisher schwierig zu identifizieren waren. Diese Entdeckungen wurden in Cell Stem Cell veröffentlicht und ebenen den Weg für neue Methoden zur Vorhersage, ob ein Patient auf eine bestimmte Chemotherapie ansprechen wird.

Press release from CRG Barcelona

AML ist eine Krebsart bei der ein schnelles Wachstum und eine Anhäufung abnormaler weißer Blutkörperchen zu beobachten ist. Es wird angenommen, dass diese Erkrankung durch eine fehlerhafte Ausreifung von Blutvorläuferzellen entsteht. Diese gehen wiederum aus Blutstammzellen hervor, der Zelltyp in die leukämischen Mutationen vermutlich auftreten. Leukämische Blutstammzellen können wahrscheinlich eine Chemotherapie überleben und somit Rückfälle verursachen. Hohe Rückfallraten sind ein großes klinisches Problem und eine häufige Todesursache bei AML.
Es ist wichtig zu wissen, wie sich Blutstammzellen im Kontext von AML zu Vorläuferzellen entwickeln, um die Krankheit besser zu verstehen, damit bessere Diagnose- und Prognoseinstrumente und neue therapeutische Ziele und Behandlungen entwickelt werden können. Bisher war dies jedoch aufgrund der großen Variabilität zwischen den Patienten und der Ähnlichkeit von malignen und gesunden Stammzellen schwierig.

„Die Genexpressionen sind bei dieser Erkrankung sehr unterschiedlich, weshalb es bisher nicht gelungen ist aufzuklären, wie sich leukämische Stammzellen und Vorläuferzellen bei AML differenzieren“, erklärt Sergi Beneyto, Erstautor der Studie und Doktorand in Dr. Lars Veltens Forschungsgruppe am Centre for Genomic Regulation (CRG) in Barcelona. Die Autoren haben sich dieser Herausforderung gestellt und die computergestützte Methode CloneTracer entwickelt. Die Forscher nutzten Einzelzell-RNA-Sequenzierung, wobei die Expression von Genen in Tausenden von Zellen gleichzeitig gemessen wird. Anschließend wurden die Daten mit CloneTracer analysiert, das mit klonaler Auflösung arbeitet - es kann also die Evolution von Tumoren beobachten indem es verfolgt, wie individuelle Zellen Mutationen ansammeln. Mit CloneTracer wurden die Daten aus den Knochenmarksproben von 19 Patienten analysiert, wobei sich zwei unterschiedliche Stammzellkompartimente herauskristallisierten: ein überwiegend gesunder und ruhender Stammzellencluster und ein andere Ansammlung, die hochaktiv war und hauptsächlich aus leukämischen Stammzellen bestand. Die CloneTracer-Analysen zeigte auch, dass Mutationen - darunter sieben der zehn am häufigsten mutierten AML-Treibergene - ihre Wirkung nur in Vorläuferzellen entfalten. Der Phänotyp dieser Vorläuferzellen wurden mit dem Therapieansprechen der Patienten in Beziehung gesetzt.

Die Ergebnisse haben Auswirkungen auf die Prognose und Behandlung von AML, da Vorläuferzellen, die sich zu einem reiferen Stadium differenziert haben, besser auf die Therapie ansprechen. "Sobald eine leukämische Zelle beginnt, sich in einen Progenitor zu differenzieren, spielt sie verrückt und unterscheidet sich stark von einer gesunden Progenitorzelle. Anhand der Vorläuferzellen können wir einigermaßen vorhersagen, ob die Erstlinien-Chemotherapie erfolgreich sein wird. Wir arbeiten jetzt daran, dies in größeren Kohorten zu validieren und klinische Tests für diese Zelltypen zu entwickeln", sagt Dr. Anne Kathrin Merbach, Mitautorin der Studie und Postdoc in der Gruppe von Prof. Carsten Müller-Tidow am Universitätsklinikum Heidelberg.

Eine der Einschränkungen von CloneTracer besteht darin, dass die Sequenzierung von Einzelzell-RNA kostspielig, zeitaufwändig und für den Einsatz in der Klinik nicht praktikabel ist. Stattdessen planen die Forscher die Entwicklung von Methoden zur Charakterisierung der Vorläuferzellen, um das Ansprechen auf die Chemotherapie vorherzusagen, und zwar mit Hilfe von FACS (fluoreszenzaktivierte Zellsortierung), einer Technik, die in der Leukämieforschung häufig eingesetzt wird und in den meisten medizinischen Abteilungen der Hämatologie auf der ganzen Welt verfügbar ist.
Auch wenn die Vorhersage des Ansprechens auf eine Chemotherapie wichtig ist, räumen die Autoren der Studie ein, dass die Wirkung auf Rückfälle und das langfristige Überleben begrenzt ist, wenn gezielte Therapien nicht auch auf das eigentliche leukämische Stammzellenkompartiment abzielen. Die von CloneTracer gebotene klonale Auflösung ermöglichte es den Autoren, die Genexpressionssignatur dieser kritischen Zellpopulation zu charakterisieren, die nicht gut auf eine Erstlinien-Chemotherapie anspricht. Sie weisen darauf hin, dass zur Validierung ihrer Ergebnisse größere Stichproben erforderlich sind, bevor diese zu verbesserten Therapien führen können.

Bei der Studie handelt es sich um eine Zusammenarbeit zwischen dem Centre for Genomic Regulation in Barcelona und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg in Deutschland. Sie wurde vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung, dem spanischen Ministerium für Wissenschaft, Innovation und Hochschulen, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Deutschen Krebshilfe und dem Emerson Collective finanziert.

 

 

Originalpublikation:

Beneyto-Calabuig, S., A. K. Merbach, J.-A. Kniffka, M. Antes, C. Szu-Tu, C. Rohde, A. Waclawiczek, P. Stelmach, S. Gräßle, P. Pervan, M. Janssen, J. J. M. Landry, V. Benes, A. Jauch, M. Brough, M. Bauer, B. Besenbeck, J. Felden, S. Bäumer, M. Hundemer, T. Sauer, C. Pabst, C. Wickenhauser, L. Angenendt, C. Schliemann, A. Trumpp, S. Haas, M. Scherer, S. Raffel, C. Müller-Tidow and L. Velten (2023). "Clonally resolved single-cell multi-omics identifies routes of cellular differentiation in acute myeloid leukemia." Cell Stem Cell. LeukoSyStem doi.org/10.1016/j.stem.2023.04.001.

 

 

Juniorverbund und Kontaktperson

LeukoSyStem

Dr. Lars Velten, CRG Barcelona

crg.eu/en/programmes-groups/velten-lab