Chemotherapie-Resistenz bei Lungenkrebs entschlüsseln

Neue Erkenntnisse aus umfassender Tumoranalyse
Das kleinzellige Lungenkarzinom (SCLC) ist ein besonders aggressiver Lungentumor, der hauptsächlich bei starken Rauchern auftritt. Die meisten Patienten werden mit einer Chemotherapie behandelt, um der schnellen Vermehrung des Tumors entgegenzuwirken. Dies führt oft zu einer beachtlichen Wirksamkeit gegen den Tumor, allerdings kommt es im Laufe der Zeit häufig zu Rückfällen. Die genaue Entwicklung des Tumors bei einzelnen Patienten während der Behandlung und des Rückfalls zu verstehen, ist eine große Herausforderung und ein wichtiges Ziel.
In einem umfassenden Forschungsprojekt haben Wissenschaftler der e:Med-Allianz InCa unter der Leitung von Professor Dr. Roman Thomas (Universität zu Köln) die Entwicklung von Tumoren während der Behandlung untersucht. Sie identifizierten unterschiedliche Populationen von Tumorzellen, die auf die Chemotherapie im Anfangsstadium der Erkrankung und auf nachfolgende Behandlungen im weiteren Verlauf der Erkrankung unterschiedlich reagieren.
„Wenn der Tumor zurückkehrte - was bei fast allen Patienten der Fall ist - wurde in der Regel eine andere dominante Zellpopulation gefunden. Bei weiteren Behandlungen im Verlauf der Therapie, zum Beispiel mit Bestrahlung, zeigten die Krebszellen Merkmale der durch die erste Chemotherapie verursachten genetischen Schäden“, fasst Professor Dr. Julie Goerge (Universität zu Köln), Erstautorin und Leiterin der Studie, die ernüchternde, aber wichtige neue Beobachtung zusammen.
Mithilfe der Sequenzierung von 160 Tumoren von 65 Patienten verfolgte das Team die Tumorentwicklung von der Diagnose bis zur Chemo- und Immuntherapie. Sie entdeckten, dass die Wirksamkeit der Therapie zu einem frühen Zeitpunkt weitgehend auf die vorherrschenden Populationen behandlungsempfindlicher Krebszellen zurückzuführen ist, die bei der Diagnose vorhanden sind. Darüber hinaus stellten sie fest, dass diese dominanten empfindlichen Zellpopulationen andere, aus frühen Vorläufern stammende Krebszellen verdecken, die gegen die Behandlung resistent sind und sich nach erfolgreicher Behandlung ungehindert vermehren. Diese Krebszellen weisen genetische Veränderungen auf, welche die durch die anfängliche Chemotherapie verursachten Schäden widerspiegeln. Die Forscher identifizierten spezifische genetische Merkmale innerhalb der Tumorzellen, die mit der Resistenz gegen die Chemotherapie in Zusammenhang stehen.
Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass Veränderungen im Krebsgenom nicht nur die bösartige Transformation bei SCLC vorantreiben, sondern auch die klinischen Phänotypen der Chemotherapieempfindlichkeit, des Tumorwachstums und des Rückfalls beeinflussen. Die Wirksamkeit künftiger Behandlungsmethoden könnte durch die Anzahl der therapieresistenten Tumorzellen beeinträchtigt werden. Daher könnte ein möglicher therapeutischer Ansatz darin bestehen, eine intensive Anfangsbehandlung durchzuführen, um das Auftreten resistenter Krebszellen zu einem späteren Zeitpunkt zu minimieren.
Originalpublikation; www.nature.com/articles/s41586-024-07177-7